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Zur Geschichte der Gemeinde Kirchheim
Am Südhang des Knüllgebirges im Hessischen Bergland liegt im Tal des Flüßchens "Aula", umgeben von herrlichen Mischwäldern, die über 1200 Jahre alte Gemeinde Kirchheim. Zu Kirchheim gehören seit der Gebietsreform im Jahr 1972 die Ortsteile Allendorf, Frielingen, Gersdorf, Gershausen, Goßmannsrode, Heddersdorf, Kemmerode, Reckerode, Reimboldshausen, Rotterterode und Willingshain. Kirchheim hat eine lange geschichtliche Vergangenheit. Funde aus Hügelgräbern und heute noch erkennbare Hauspodien von Einzelgehöften der Bronzezeit (2000-1000 v. Chr.), z. B. am Südhang des Eisenberges, nördlich von Willingshain, am Mittelberg, nordwestlich von Heddersdorf und an der Krämerskuppe, nordwestlich von Reckerode bezeugen, dass mindestens die Berghänge des Raumes Kirchheim schon in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt waren. Die erste urkundliche Erwähnung Kirchheims als "Kyricheim" in pago Hassorum findet sich in dem "Breviarium sancti Lulli", einem Güterverzeichnis des Hersfelder Klosters zur Zeit des Erzbischofs Lullus von Mainz (754-786), das in einer handschriftlichen Kopie aus dem 12. Jahrhundert überliefert ist. In anderen Urkunden aus dem 12. Jahrhundert wird der Ort als "Kiriheim" (1108) und als "Kyrcheim" (1114-1127) erwähnt. Die Siedlung war wohl eine Gründung Hersfelder Mönche, wodurch auch die Oberherrschaft des Stifts Hersfeld erklärt wird. 1348 ist ein Gut in Kirchheim belegt, dessen Verwalter Eberhard von Milnrode war. Vom Ende des 15. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts waren die Herren von Hattenbach mit der Herrschaft über Kirchheim belehnt. Nach dem Tode des Martin von Hattenbach verkauften dessen Erben die Kirchheimer Besitzungen, mit denen Abt Ludwig von Hersfeld (1571-1588) im Jahre 1583 den in seinen Diensten stehenden Reinhard von Baumbach belehnte. Der Gutshof der Familie von Baumbach prägte bis weit ins 20. Jahrhundert die Sozialstruktur und das Ortsbild Kirchheims. Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hatte nur indirekte Einwirkungen auf das Dorf, dafür brachten Teuerungen und die von den Truppen verschleppten Seuchen umso größeres Leid über die Bevölkerung. Im Jahre 1625 starben in einem Zeitraum von 9 Monaten 215 Menschen an der Pest. Die Erinnerung daran ist in einer mündlichen Überlieferung bis heute wachgeblieben. Mit dem Westfälischen Frieden (1648) erlangten die Landgrafen von Hessen die Herrschaft über die Reichsabtei Hersfeld. Kirchheim kam zum Amt Niederaula, die Gerichtsbarkeit übte weiterhin der Abt von Hersfeld aus. Im Jahre 1770 wurde eine Katastervorbeschreibung, das Original Lager-, Stück- und Steuerbuch der Dorfschaft Kirchheim" angefertigt. Wir erfahren daraus, dass die Bevölkerung sich überwiegend von Landwirtschaft und Leinenweberei ernährte. Erst mit der Ablösung der feudalen Lasten zu Anfang des 19. Jahrhunderts besserte sich die Lage der Einwohner von Kirchheim etwas, denn bis dahin hatte der Bauer nicht nur sich und seine Familie, sondern auch seine adligen Herren unterhalten müssen. Von den Gründerjahren profitierte das Dorf insofern, als in der "Weyemühle" am Ortsausgang von Kirchheim in Richtung Heddersdorf 1851 eine Wollkämmerei eingerichtet wurde, die etwa 80 Beschäftigten Arbeit und Lohn bot. Nach dem Brand dieses ersten Gewerbebetriebes im Jahre 1884 wanderten viele Kirchheimer nach Hersfeld, in das westfälische Industrierevier und nach Nordamerika ab.
Zur Entwicklung
Der Bau der Eisenbahnlinie Hersfeld-Oberaula im Jahre 1907 erschloss den Einwohnern des Ortes Arbeitsmöglichkeiten in der Kreisstadt Hersfeld, deren Maschinen- und Tuchindustrie seinerzeit in voller Blüte stand. Durch den Bau der Autobahn Frankfurt-Kassel und Berlin in den Jahren 1936 bis 1939 fand die Gemeinde Kirchheim Anschluss an Industrie und Handel und verlor ihren abgelegenen Charakter. Die Gemeinde war Ende der Dreißiger Jahre Standort eines Reichsautobahnlagers und eines großen Sägewerks, dessen 20 bis 60 Beschäftigte Aufträge für die Autobahnen und für den Westwall ausführten. Die Zuwanderung von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen nach Kriegsende 1945 änderte die Sozialstruktur des Dorfes. Eine starke Bautätigkeit konnte die anfänglichen Wohnraumschwierigkeiten beseitigen, neue Baugebiete wurden ausgewiesen und erschlossen und Gewerbe und Industrie angesiedelt. Gleichzeitig wurde damit begonnen, Einrichtungen für den Fremdenverkehr zu schaffen. Ein Verkehrsverein gründete sich und die Hotels und Gaststätten modernisierten ihre Häuser. Die Gemeinde errichtete im Jahre 1962 ein Freischwimmbad und später im Anschluss daran ein 7 ha großes Wildgehege mit mehreren Fischteichen und Grünanlagen. Durch den Bau des Motel-Centers Kirchheim an der Autobahn (Eröffnung 1970) mit 280 Gästebetten, mehreren Restaurants und Konferenzräumen wurde Kirchheim weithin bekannt. Dies steigerte sich noch mit der Fertigstellung der Freizeitanlage SeePark Kirchheim im Jahre 1977. Die Anlage besteht aus einem 10 ha großen Stausee, einem Seehotel mit 220 Betten und Konferenzräumen, 4 Feriendörfern mit insgesamt 145 Ferienhäusern, Restaurant, Kegelbahn, Tennishalle und Tennisplätze, sowie einem mehrfach als vorbildlich ausgezeichneten Campingplatz. Im Jahre 1975 erfolgte die Erschließung des Eisenberges (636 m). Ein Berghotel mit 50 Betten (Berggasthof Eisenberg) wurde unmittelbar neben dem alten Aussichtsturm errichtet. An den Hängen des Eisenberges, oberhalb des Ortsteils Willingshain, erbaute die Stadt Hannover das Feriendorf am Eisenberg.
Die Ortsteile:
Allendorf Erstmalig 1331 als "Aldinhorp" urkundlich erwähnt. 1541 und 1599 wüst geworden und hieß deshalb später nach dem Wiederaufbau "Allendorf in der Wüste". War Eigentum des Frielinger Ganerben, die es von Hersfeld zu Lehen trugen. Reverse der von der Malsburg 1541 - 1572, der Spete 1535 - 1731, der Meisenbuge 1578 - 1787, der von Hanstein 1587 - 1631, der Diede von Fürstenstein 1739 - 1807. Der Ort wurde 1600 als Dorf bezeichnet, das zu dem Amt Niederaula gehörte. 1747 war Allendorf Filial von Frielingen, jetzt dorthin eingepfarrt. Frielingen Erstmalig 1142 und 1146 als „Frilingen“ urkundlich erwähnt. Gehörte vermutlich zuerst denen von Frielingen, die 1365 einen Teil wiederkäuflich an die von Reckrode verkauften, aber schon 1366 hatten die von Borken Anteil, beide als hersfeldisches Lehen. Als Buchenauische Erben hatten 1535 den Speck, 1541 Ph.V. von der Malsburg Anteil. 1599 und 1610 sind die Meisenbug, Hanstein und Spede im Besitz, 1673 die Meisenbug und Spede, alle als Frielingischen Ganerben bezeichnet, 1778 an der letzteren Stelle die Diede. Von den Diedischen Erben erkauften ihren Anteil die von Baumbach, welche 1820 auch den des Generals von Marschall erwarben und seitdem das Darf ganz besaßen. Das Dorf gehörte zu Amt Niederaula und war 1518 Filial von Niederaula. Es war eine der abteilichen Kirchen und blieb länger katholisch. Nach der Reformation war es seit 1602, vielleicht schon 1585 unter Niederaula mit Patronat des Abtes von Hersfeld. Gersdorf Gersdorf ist einmalig Anfang des 12. Jahrhundert als „Geroldisdorf“ urkundlich erwähnt, als es Adlige von Gersdorf gab. Der Ort wurde 1366 – 1388 als „Geroldsdorf“ und als „Gerhartzdorf“ bezeichnet, 1610 als „Gerßdorf“. Hersfeld besaß alle Obrigkeit und Gerichtsbarkeit im Jahre 1600. Das Dorf gehörte zum Amt Niederaula und ist nach Frielingen eingepfarrt. Gershausen Adlige von Goßhusen sind von 1267 bis um 1340 bekannt. Der Ort ist urkundlichbelegt 1350 als „Goshusen“, 1365 als „Goyhusen“, 1500 als „Gurshusen“,1503 als „Gorshusen“, 1505 als „Gershusen“. Es gehörte zum hersfeldischen Amt Niederaula, ein Teil der dortigen Güter zum hersfeldischen Burglehen zu Hattenbach. 1505 bestätigte der Abt dem Konrad von Wallenstein den Besitz des halben Dorfes. Gershausen war und ist nach Kirchheim eingepfarrt. Goßmannsrode Der Ort ist 1364 als „Gosmarode“ urkundlich belegt, 1426 als „Goßmerode“, 1505 als „Gosmansrade“. Das Dorf lag zeitweise wüst, denn 1505 traten die von Schlitz ihre Gerechtigkeit an die Wüstung Goßmannsrode an Hersfeld ab. 1530 wurde der Ort mit aller Obrigkeit dem von Hattenbach zugesprochen. Später war das Dorf hersfeldisches Lehen der von Baumbach, seit 1583 ihr Lehen von Hesen. Goßmannsrode war 1747 Filial von Kirchheim, in neuerer Zeit dorthin eingepfarrt. Heddersdorf Der Ort ist 1327 als „Hertwigesdorf“ urkundlich belegt, 1363 als „Hertwygisdorf“, 1392 als „Hertwinsdorf“, 1472 als „Hertesdorf“, 1500 als „Hettesdorf“, 1541 als „Hertingsdorf“, 1592 als Haittersdorf“, 1600 als „Hettersdorf“, 1610 als „Hedersdorf“, 1747 als „Hedwigsdorf“ und „Hedersdorf“. Dorf des Stiftes Hersfeld. Die Ganerben von Frielingen besaßen einen Teil davon, wahrscheinlich 2/3. Vom Dorf waren 2/3 nach Frielingen, 1/3 nach Kirchheim eingepfarrt. Später wurde auch das restliche 1/3 dem Pfarramt Frielingen zugeführt. Kemmerode Erstmalig urkundlich ist der Ort 1318 erwähnt, 1327 als „Kemmenrod“. Dorf des Gerichts Niederaula, dessen Gerichtsbarkeit Hessen 1318 an von Hattenbach verpfändete. 1396 besaßen sie Dorf und Gericht, 1495 noch die Hälfte des Dorfes als Pfand. Eingepfarrt nach Hattenbach. Reckerode Der Ort war Sitz von Adligen 1332 bis nach 1727. Erstmalig urkundlich erwähnt 1362, 1505 als "Rekenrode". 1505 traten die von Schlitz dem Stift Hersfeld ihre Gerechtigkeit an der Wüstung Reckerode ab. 1530 behauptete Hersfeld seinen Besitz des Ortes gegenüber denen von Hattenbach. Eingepfarrt nach Kirchheim 1747. Reimboldshausen Der Ort ist erstmalig 1261 urkundlich erwähnt als Sitz von Adligen „de Reinboldeshusen“. 1343 – 1363 wurde der Ort als „villa Reimbolshusen“ bezeichnet, 1366 – 1388 als „Rumelshusin“, 1392 als „Rymboldishusen“, 1426 als „Rümmershusen“, 1530 als „Rymmelshausen“, 1487 als „Römelshusen“, 1647 als „Grimmelshausen“. Dorf des Amtes Niederaula. 1530 wurden die Ansprüche der von Hattenbach auf die Obrigkeit abgewiesen. 1531 seit 100 Jahren wüst, damals in 4 Teile geteilt. Es war 1747 nach Hattenbach eingepfarrt. Rotterterode Erstmalig 1317 als „Rutharterade“ urkundlich belegt, 1343 – 1364 als „villa Rotharterode“, 1536 als „Rotterderode“. Dorf des Amts Niederaula. 1536 als wüst bezeichnet. Es war 1747 nach Kirchheim eingepfarrt. Willingshain In 1366 als „Wylandishayn“ hatten D. von Frylingen und Fr. von Borken bis 1388 ein hersfeldisches Lehensgut, später die Spete zu „Willantshain“ von 1535 – 1731. Um 1650 gehörte Willingshain den frielingschen Ganerben. Alle Obrigkeit und Gerichtsbarkeit stand Hersfeld zu. Das Dorf ist nach Frielingen eingepfarrt.
Erlebniswelt Kirchheim
Der Fremdenverkehr einschließlich Gastronomie ist mit 34 Gewerbebetrieben hinter dem heimischen Baugewerbe der zweitgrößte Arbeitgeber in Kirchheim. In der Kerngemeinde Kirchheim wohnen 1.805 Personen, während die übrigen 11 Ortsteile mit zwischen 64 und 378 Einwohnern eher dörflich strukturiert und durch die Landwirtschaft geprägt sind. Neben der Freizeitanlage am Seepark mit 146 Ferienhäusern (im Jahre 1995 wurde 34 Ferienhäuser mit Mitteln der Tourismusförderung neu errichtet) und einem Appartementhotel bestehen in mehreren Ortsteilen Ferienhausgebiete. Alle Hotels, Gaststätten und Pensionen leben vom Fremdenverkehr in der Großgemeinde. Dies zeigen die Übernachtungszahlen. Viele landwirtschaftliche Betriebe bieten inzwischen für ihre Einkommensverbesserung „Ferien auf dem Bauernhof“ an. Diese Tendenz ist, sieht man die Mitgliederentwicklung in dem 1985 gegründeten Verkehrsverein Kirchheim, steigend. Der Verkehrsverein wurde mit Unterstützung und auch auf Initiative der Gemeinde Kirchheim gegründet, um gerade kleineren und mittleren Betrieben eine Hilfestellung, insbesondere bei Werbemaßnahmen und der Vermittlung von Feriengästen, zu gewähren. Zusätzlich besteht die Tourismus-Service-Kirchheim GmbH, deren Arbeit Ihnen bekannt ist, da auch diese Maßnahme erst durch die finanzielle Unterstützung der EU und des Landes Hessen umgesetzt werden konnte. Eine weitere Verbesserung der Infrastruktur des Fremdenverkehrs stellte der tourismusgerechte Umbau des Freibades Kirchheim zum Freizeit- und Erlebnisbad Kirchheim dar. Dieses Projekt wurde ebenfalls im Rahmen des operationellen Programmes zur Entwicklung des ländlichen Raumes gefördert. Mit diesen Maßnahmen möchte die Gemeinde Kirchheim versuchen, das Angebot an Freizeit- und Ferieneinrichtungen zu erweitern, da sie hier für sich, aber auch für die Region Waldhessen bzw. Knüllgebiet für die Zukunft die größten Entwicklungschancen sieht. Das Wirtschaftsgutachten des Landkreises Hersfeld-Rotenburg zeigt, dass die Gemeinde Kirchheim gerade auch im Hinblick auf die langfristige Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze den Fremdenverkehr ausbauen sollte. Die Errichtung der „Erlebniswelt Kirchheim“ wird auch die Attraktivität im Ferien- und Freizeitangebot der Nachbargemeinden positiv beeinflussen, da die angrenzenden Gemeinden über ein solches Angebot nur bedingt verfügen. Nachfolgend sind die Ferien- und Freizeitangebote aufgeführt: -- Freizeitanlage Seepark Kirchheim Campingplatz Seepark -- Jugendferiendorf am Eisenberg -- Wanderwege mit Schutzhütten -- Grenzstein-Rundwanderweg -- Archäologischer Wanderweg -- Sportzentrum mit Sporthalle und -plätzen -- Trimm-dich-Pfad -- Wasserskianlage -- Minigolfanlage -- Tennishalle und Tennisfreiplätze -- Historischer Eisenbahnzug mit Ferienkindergarten -- Scheune an der Aula“, kleines Museum in 200jähriger Scheune mit Stellmacherei (historische Geräte des bäuerlichen Alltags) -- Reiterhof Reckerode -- Skihang mit Skilift und Langlaufloipen am Eisenberg -- Freizeit- und Erlebnisbad Kirchheim -- Wildgehege mit Rot- und Damwild, Vogelvolieren und Teichen -- umfangreiche Bücherei mit großem Angebot auch für Urlauber
Vielen Dank an Frau Birgit Dehnhard von der Gemeinde Kirchheim für diesen Text.
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